Bisher konnte ich behördliche Maßnahmen in Deutschland nachvollziehen: Vermeidung von freiwilligen Menschenaufläufen, Hinweise auf Hygiene, Appell an die Reduzierung von Reisetätigkeiten, alles gut. Schliessungen von öffentlichen Einrichtungen. Meinetwegen. Schliessung von Bars und Restaurants. Hmm, da gibt es dann schon viele Leute, die keine Arbeit mehr haben, aber auf das Einkommen angewiesen sind.
Aber Schulschliessungen? Die Leute werden aus dem Alltag geschmissen, müssen sich neu organisieren und werden sich daher neu zusammen würfeln. Sie werden sicherlich alle alleine zuhause brav auf dem Sofa sitzen und die gehamsterten Nudeln mit Toilettenpapier essen!?
Und das soll dann besser sein als das Ganze in halbwegs kontrollierten Bahnen weiter laufen zu lassen, den Schülern Hygienemaßnahmen und -verhalten in der Schule nahe zu bringen, zu versuchen sie in den Schulhöfen je nach lokalen Gegebenheiten räumlich möglichst auseinander zu halten - Unterstufe Pausenhof links, Mittel- und Oberstufe Pausenhof rechts, was weiß ich, und nur die Schulen zu schliessen, in denen Coronafälle auftreten? Wer es glaubt. Der Schulweg in der Straßenbahn fällt weg - das sehe ich aber auch als einziges Argument.
Nein, es wird hier hoffentlich nur im Kleinen das passieren, was ich von Freunden und mittlerweile auch in den Nachrichten aus Spanien höre. In Madrid, wo die Versorgungs- und Krankenhausinfrastruktur da ist, wird alles dicht gemacht aus Angst vor der Seuche, die Leute schwärmen ins Umland in ihre Ferienwohnungen und in dortige Supermärkte aus, die auf Großeinkäufe in der Vorsaison des Urlaubs noch nicht, und auf Hamsterkäufe gar nicht vorbereitet sind. Und die Krankenversorgung in diesen Regionen ist damit komplett überfordert, weil die Leute, die sonst dort leben im Urlaub und nicht krank sind. Genial gelöst: Und dann bleiben nur mehr Ausgangssperren als Maßnahmen...
Die Schulschliessungen üben indirekt noch Druck auf die Versorgung aus: von Alten und Pflegebedürftigen, Kranken, Wasser, Strom und sonstige Infrastruktur. Wenn es blöd läuft, werden diese indirekten Effekte mehr Versorgungsbedürftigen das Leben kosten als die Ansteckungsgefahr. Wir können ein paar Stunden ohne Strom oder Wasser ab, aber Pflegeheime und Krankenhäuser?
Nein, Zeit der Hysteriker und »starken Männer«. In Zeiten der Diskussion um die Gesundheitsdatenbank hat unser Gesundheitsminister Spahn viel Kredit bei mir verspielt, aber in Coronazeiten war sein Vorgehen bisher vernünftig - auch gestern wieder von ihm: Leute, die vom Skiurlaub aus Tirol kommen, sollen doch freiwillig 14 Tage in häuslicher Quarantäne bleiben, auch ohne Symptome. Oder eine Kultusministerin Eisenmann, die noch am Donnerstag gesagt hat, Schulschliessungen wären unverhältnismäßig. Konnte sich den brechenden Dämmen wohl auch nicht mehr erwehren.
Ohne Verstand, aber mit Hurra in den "Krieg gegen das Virus".